Die TUSCH Botschafter:innen trafen sich seit Oktober 2019 ungefähr alle zwei Wochen mit Michael Müller und Cornelia von der Heydt. Gemeinsam gingen wir ins Theater oder besuchten Proben von TUSCH Partnertheatern. Wir diskutierten zum Beispiel darüber, wie man TUSCH an den Schulen noch bekannter machen könnte, und begeisterten uns auch für die sportliche Höchstleistung der Schauspieler in der Inszenierung „Moby Dick“.

Zum letzten Mal trafen wir uns zur Eröffnung des plattform festivals im Ernst Deutsch Theater. Erik T., der auch als TUSCH Botschafter aktiv war, spielte mit seinem Jugendclub und wir konnten ihn live auf der Bühne sehen. Das war super!

Dann kam mit der Schulschließung und der Kontaktsperre auch das Aussetzen der Botschafter-Treffen.

Antonia K. hatte dann aber doch ein paar Fragen an Michael Müller, die wir hier mit seinen Antworten lesen können.

1: Inwiefern ist das Schauspielhaus von einer Schließung wegen Corona betroffen?

Sämtliche Theater sind in Kurzarbeit, die Meetings finden digital statt. Natürlich arbeiten Leute vor Ort, die den Betrieb am Laufen halten, Verwaltung, Rechnungswesen, Betriebsbüro. Es müssen mit dem Betriebsrat Verhandlungen zur Kurzarbeit geführt werden. Keine Proben, keine technischen Arbeiten und Werkstätten. Ein bisschen wie ein Geisterschiff.

2: Wie wichtig schätzt du das Theater für das Leben eines jeden ein? Welchen Wert hat es in der Gesellschaft?

Wie jedes Theater muss das Schauspielhaus mit der ungewöhnliche Situation, nicht mehr „life“ zu sein, umgehen. Alles, was uns ausmacht, fehlt: die Nähe, das gemeinsame Mitfiebern, Mitweinen, Mitlachen. Wir sind kein digitales Medium, damit haben wir uns immer gebrüstet. Nun müssen wir genau diese Wege gehen und überprüfen, um sichtbar zu bleiben. Aber wir sind keine Musiker, die mal kurz ein Home-Konzert-Event starten.

Unser Haus hat versucht in persönlichen Interviews die Krise zu beleuchten, andere stellen Inszenierungen ins Internet, sind bei Twitter unterwegs, übertragen Probenprozesse. Die Theaterpädagogen sind kreativ mit Filmen, digitalen Führungen oder Anleitungen zum Spielen, Vorlesen etc., aber all das ersetzt nicht das echte Theater.

3: Wird sich die Kulturlandschaft durch diese Krise nachhaltig verändern?

Zur Zeit trifft es vor allem die freien Theater/ Gruppen/ Künstlerinnen, auch viele Dienstleister:innen im Kulturbereich. Diese sind nach „Corona“ nicht gerettet. Sie müssen um Aufträge, Auftritte, Engagements bangen. Kein Theater kann sich festlegen, es werden kaum Verträge gemacht. Die „größeren“ Theater werden extreme Einsparungen leisten müssen, ihre Finanzpläne sind hinfällig. Wir können nur hoffen, dass es genug Unterstützung durch den Staat gibt, dass nicht zu viel wegbricht.

4: Welche Aktionen gibt es während der Zeit des „Social Distancing“?

Ich finde, es stellt sich eine andere Frage: Hat Theater eine Chanc, auf die Umstände angemessen zu reagieren? Wie können die Dinge, die in unserer Gesellschaft weltweit geschehen „theatral“ verwertet und interpretiert werden? Wird es nicht absurd, wenn wir 1:1 das abbilden, was gerade geschieht? Müssen wir andere Modelle denken? Kann Theater aus CORONA entstehen? Vieles, was wir bereits im Fernsehen und in der Social Media Ecke geboten bekommen, ist absolut peinlich. Aber welche Chance haben wir, dies zu umgehen? Künstler am Theater müssten anders denken. Es ist bei der allgemeinen Lähmung unserer Körper und Gehirne aber nicht so leicht, die Geschehnisse kreativ aus einer anderen Perspektive zu betrachten und zu spiegeln. Ganz sicher wird diese Krise inhaltliche Einflüsse auf die Entwicklung der Kultur haben.