TUSCH Labor: DeutschesSchauSpielHaus und Charlotte-Paulsen-Gymnasium

Gemeindeversammlung, Schaufensterbummel, Straßenmusik – am 20. Februar 2023 verwandelte sich das Charlotte-Paulsen-Gymnasium beim diesjährigen Oberstufenfestival in eine Stadt, die sich auf dem Weg machte, ein Zusammenleben in Vielfalt zu suchen: Die DiverCity!

Nach Toleranz-Shot und Anti-Aggressionspille wurden die Besucher*innen von City-Guides in die Ziele und Schwierigkeiten der DiverCity eingeführt, lernten erste Bewohner:innen, wie einen (etwas zu) euphorischen City-Chor oder schimpfende Gegenstimmen (sicher verortet in der Pöbel-Ecke) kennen und wurden um Mithilfe bei der Entwicklung der DiverCity in Form von Botschaften auf Klebezetteln gebeten.

An vier Orten präsentierten die Bewohner*innen ihre Auseinandersetzungen mit der Außenwelt, machten sich in Poetry Slams und Konzerten Luft, warfen Fragen in Theaterstücken und immersiven Performances auf, erhoben ihre Stimmen und zeigten Wege zur Selbstermächtigung durch Tanz und Humor, die sie in TUSCH-Workshops mit Julika Schlegel, Göktuğ Engel und Mareike Wenzel kennenlernten.

Orte der Begegnung und des Austauschs gab es in der Tankstelle neben der Waschanlage, in Charlottes Eck, der Getränkehalle der Woyzeck-Passagen oder beim Schaufensterbummel durch Modedesign- und weitere Ausstellungen bei künstlerischen und kulinarischen Köstlichkeiten.

Am Ende gipfelte der Stadtbesuch dann in einer großen Versammlung im Gemeindezentrum, bei der gemeinsam musiziert, getanzt und gesprochen wurde. Der Blick in die Zukunft der Stadt wurde klar: Die Künste können die Menschen immerhin schon einmal zusammenbringen.

Text: Maja Strahlendorf, Fotos: Maja Strahlendorf, Susanne Lill

 

Hass

Also für eine Lesbe siehst du ja zu gut aus.

Für einen Schwulen bist du aber zu männlich.

Du bist doch ein Junge, warum ziehst du das an?

Nein, Transgender existiert nicht. Das ist ein Mythos.

Das ist nur eine Phase. Du wirst daraus wachsen.

Ach, alle heutzutage sind ja in der Lgbtxy Community.

Das ist doch nur ein Trend.

Du bist eklig. Du bist falsch. Du bist ein Fehler. Ein Fehler!

Ich sehe dich, du passt mir nicht, ich hasse dich.

Ich bin der Grund, warum du dich versteckst, dich verdrängst, verrenkst und innerlich verreckst.

Du existierst nicht.

Ich verstehe dich nicht.

Ich hasse dich.

Versteck dich, denn hier komm ich.

Ich weiß es besser, denn hier komm ich.

Ich kann dir sagen, wer du bist.

Du bist verwirrt, verdreht, verlogen, vergoren, verstohlen, verbogen, verzogen, ver-

Ich verstehe dich nicht. Ich verstehe mich nicht.

Nein, du! Du verstehst mich nicht, kennst mich nicht.

Ich hasse dich.

Mann und Frau sind Frau und Mann.

Nichts und niemand anderes ist erlaubt.

Denn die Welt ist der Wahrheit beraubt.

Und ich habe daran geglaubt,

dass du sündigst.

Ich hasse dich.

Weiche Hände, bunte Augen, Federhüte, sanfte Küsse, Masken mit Rissen, Plüschkissen.

Ein feuriger Blick, ein fiebriger Kick.

Alles ist bunt, die Farben blenden mich.

Ich wasche sie ab, ertränke die Farben in Milch.

Ich male die Welt in schwarz und weiß, so soll es sein.

Ich ersticke den Keim. Stapfte auf das Sein.

Ich erfinde mich neu, übermale mein Gesicht, ziehe die Fesseln enger.

Langeweile, Meile um Meile, Eile ich, eile.

Ich will nicht zum Ende des Regenbogens.

Ich beschwöre den Regen. Vielleicht spült er fort das Elend, quälende Unterdrückung.

Die Andersheit ist ein Dorn in meinem Auge.

Und ich schaudere beim Gedanken daran, irgendwann Anders zu sein.

Nein.

Du bist schuld. Du verwirrst mich.

Du bist zu jung, zu dumm, zu weich.

Um zu wissen, wer du bist.

Ich weiß es.

Ich muss es wissen. Ich verstecke mich nicht.

Ich muss mich nicht verstecken.

Ich hab recht, echt!

Ich sehe dich, du versteckst dich nicht.

Versteck dich! Verreck doch! Versteck dich!

Ich versteck mich.

Mein Versteck ist mein Hass.

Ich hasse dich. Ich hasse mich.

Johanna Schön (Beitrag zum Poetry Slam in der diverCity)