Auch während des Shutdowns in Schule und Theater versuchten die TUSCH Partnerinnen Anne Katrin Klinge (Thalia Theater) und Mia Panther (Erich-Kästner-Schule) regelmäßig Kontakt zu halten und hielten in einem gegenseitigen Interview beispielhaft fest, was sie in der derzeitigen Situation bewegt(e).

Fragen von Anne Katrin Klinge an Mia Panther 

Anne Katrin Klinge

Anne Katrin Klinge (AKK): Das Fach Theater lebt ja normalerweise vom gemeinsamen Spiel, von körperlicher Aktion und Reaktion, von der Energie im Raum … All das fällt nun weg! … Wie unterrichtest Du momentan?

Mia Panther (MP): Am einfachsten ist es natürlich, den Schüler:innen Aufgaben zu geben, auf die man später zurückgreifen kann: Dialoge schreiben, Figuren charakterisieren, Bühnenbilder oder Plakate entwerfen. Ich habe aber auch schon Video- und Audio-Aufnahmen machen lassen. Besonders schwierig ist es aber, dass die Schüler:innen sich gegenseitig nicht reflektieren und austauschen können.

AKK: Hast du beim Homeschooling auch Entdeckungen gemacht?

MP: Klar, es fallen noch mehr das Engagement und die Vorkenntnisse, auch die Fertigkeiten der einzelnen Schüler:innen ins Gewicht. Bei einigen Schüler:innen war ich über die guten Ergebnisse aber tatsächlich überrascht.

AKK: Welche Herangehensweisen haben sich als besonders sinnvoll herausgestellt?

MP: Mit Videokonferenzen über Zoom und Jitsi als „Probenmöglichkeit“ fangen wir jetzt erst an. Bisher haben die Schüler:innen einzeln Videoclips oder Texte erarbeitet, auf die man natürlich später zurückgreifen kann.

AKK: Was wünschst du dir von mir als Ansprechpartnerin vom Thalia Theater und vor allem als TUSCH-Partnerin?

MP: Falls es noch weiteres Material zu den Inszenierungen gibt, z.B. Ausschnitte von Textfassungen, wäre es toll, diese zu bekommen, da sich daraus sicher Aufgaben generieren ließen. Vielleicht gibt es auch kurze Videos von Inszenierungen oder Probenmitschnitte, die man den Schüler:innen sozusagen als „Tutorials“ für Theater als Links schicken könnte.

Fragen von Mia Panther an Anne Katrin Klinge:

Mia Panther

Mia Panther (MP):  Deine Arbeit als Theaterpädagogin lebt von der Interaktion mit den Schulen, Jugendlichen und Treffpunkt-Referent:innen. Wie gestaltet sich dies, wenn derzeit nur Homeschooling und Zoom-Proben stattfinden?

Anne Katrin Klinge ( AKK): Leider kann ich momentan mit Jugendlichen nicht agieren, ab und zu habe ich Kontakt zu den Schulbotschafter:innen, die die Zeit nutzen, um Rezensionen zu schreiben über Inszenierungen, die sie vor dem Shutdown gesehen haben. Wir verschicken momentan wöchentlich einen Email-Newsletter an interessierte Lehrer:innen und Menschen, die über die Treffpunkt-Gruppen mit dem Thalia im Kontakt stehen. Außerdem telefoniere ich viel, berate Lehrer:innen zu praktischen Aufgabenstellungen für den Online-Theaterunterricht, nehme an Zoomkonferenzen mit Referenti:nnen teil, weil wir gerade unser „Grenzgänger-Festival Online. Digital. Live.“ mit zehn Thalia Treffpunkt-Gruppen planen, und führe mit Workshopleiter:innen Planungsgespräche für die nächste Spielzeit beim Spaziergang. Also das sind meine wichtigsten Kommunikationswege momentan, Telefon, Zoom und Spaziergänge …

MP: Der Theaterbetrieb ist ja weiterhin eingestellt. Ist das Thalia Theater nun ein „Geisterhaus“? Wie ist die Atmosphäre dort?

AKK: Sehr ruhig. Die Menschen, die ich treffe, wirken mit Ausnahmen aber gelassen, weniger gestresst. Aber allen fehlt der Spielbetrieb und eine klare Orientierung von Seiten der Politik, wann und wie es weitergehen kann. Die Kantine hat zu, die fehlt natürlich, und dann die Leere in den Foyers und auf der Bühne!

MP: Szenische Präsentationen in der Schule sind leider bis zu den Sommerferien nicht erlaubt. Welche Ideen oder Konzepte hast du zu möglichen Aufführungsformaten von Jugend- oder Schulgruppen?

AKK: Ja, das ist eine gute Frage, aber ich denke, es gibt schon Möglichkeiten, Projekte mit Videofilmen, die einfach oder interessant geschnitten sind, zu präsentieren, oder mit einer Kombination aus Audios, Fotos und Live-Formaten bei Zoom (o.ä. Anbietern). Ganz handwerklich, analog und „handgeschrieben“ könnte ich mir auch ein von Schüler:innen liebevoll gestaltetes Szenenbuch vorstellen, in dem alles Erarbeitete notiert und mit Fotos und Zeichnungen angereichert wird. Das könnte dann ja auch wieder digitalisiert werden.

Ein Kollege berichtete auch von der Idee eines Instagram-Projekts, dass Schüler:innen einen eigenen Account eröffnen und aus Figurensicht Beiträge einstellen, um daraus eine Geschichte entstehen zu lassen. Aber im schulischen Kontext steht (leider) der Datenschutz etwas im Wege. Das fände ich spannend, hier nach Alternativen zu gucken. Auch Outdoor-Performances halte ich selbst unter den gegebenen Umständen für realisierbar. Ich weiß, es gibt viele Schwierigkeiten, mit den Hygiene- und Abstandsregeln, die es zu beachten und zu bedenken gilt, aber ein Versuch würde sich lohnen.

MP: Ich hoffe sehr, dass wir nach den Sommerferien neu in unser zweites TUSCH-Partnerjahr starten können. Was wünscht du dir von mir als Partnerin für den Wiederbeginn?

AKK: Das hoffe ich auch sehr! Ich wünsche mir, dass wir uns noch in diesem Schuljahr treffen, bei Zoom oder zum Spaziergang und das, was gelaufen ist, Revue passieren lassen, und dass wir Pläne fürs neue Schuljahr schmieden, für das, was machbar ist. Mit dem Fokus darauf, wie wir das nun wieder anschieben können. Ich bin auch gespannt auf deine Einschätzung, ob jetzt gerade das Digitale noch weiter erforscht werden sollte oder ob du denkst, dass die Stimmung bis dahin kippt, und wir uns besonders wieder auf das Analoge fokussieren sollten.

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Anne Katrin Klinge ist Theater- und Kulturpädagogin, hat den Studiengang MA Performance Studies an der Hamburger Universität und eine Ausbildung an einer privaten Schauspielschule absolviert. Sie  leitet Theaterprojekte in Kooperation mit Bildungs- und Kultureinrichtungen, war Mitarbeiterin im TUSCH-Team bis 2013 und hat ein Jahr zuvor das „Werkbuch Theater und Schule – TUSCH: Poetiken des Theatermachens“, das 10 Jahre TUSCH Hamburg auswertete, mit herausgegeben. Seitdem arbeitet sie als Theaterpädagogin am Thalia Theater und ist dort für den Bereich Theater und Schule zuständig und auch die Ansprechpartnerin für TUSCH-Projekte.

Mia Panther studierte Diplom-Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis an der Universität Hildesheim. Nach einer Bühnenassistenz am Deutschen Schauspielhaus und einer Kostümassistenz bei der integrativen Theatergruppe „Meine Damen und Herren“ auf Kampnagel betreute sie die EISENHANS-Band „Bitte Lächeln!“, bevor sie am Thalia Theater eine Jugend-Theatergruppe leitete. Mia Panther arbeitet als Lehrerin für Theater/Darstellendes Spiel an der Erich-Kästner-Schule und als freie Mitarbeiterin der Theaterpädagogik am Thalia Theater Hamburg. Hier leitet sie u.a. jährlich die „Schulprojekte der Weltreligionen“ für die Lessingtage.

Fotos: Selfies von Anne Katrin Klinge und Mia Panther