Runder Tisch Theaterpädagogik

Traditionell kurz vor der Eröffnung des plattform-Festivals im Februar 2019 hatte Ricarda Friedrich, Theaterpädagogin am Ernst Deutsch Theater, zum Runden Tisch der Theaterpädagogik eingeladen. Ca. 20 Interessierte aus Schule, Hochschule, Theater und soziokulturellen Kontexten fanden sich ein, um den Austausch zu aktuellen Entwicklungen im Bereich Theater fortsetzen. Hierfür sollte gemeinsam mit TUSCH, der durch Michael Müller vertreten war, moderierend der Blick in diesem Jahr auf Theater als Unterrichtsfach gerichtet werden, das seit 2011 auch mit der Grundschule verbindlich in den Stundentafeln aller allgemeinbildenden Schulen in Hamburg festgeschrieben ist. Das ist bundesweit einzigartig.

Gunter Mieruch, Vorsitzender des Bundesverbandes Theater in Schulen, skizzierte die historische Entwicklung des Faches. Das jährliche Festival Schultheater der Länder, 1985 in Hamburg auf Kampnagel zum ersten Mal veranstaltet, trug bzw. trägt immer noch entscheidend dazu bei, die schulische Praxis in allen Bundesländern zu qualifizieren. Im Rahmen der zeitgleich stattfindenden Fachtagung wird das Festivalthema auch wissenschaftlich beleuchtet und in Workshops und Fachforen didaktisch vertieft. Er wies weiter darauf hin, dass mit Gründung des Programms TUSCH auch das Netzwerk der Hamburger Theaterpädagog:innen ins Leben gerufen wurde. In keiner anderen Stadt gibt es einen derart lebendigen und vor allem konstruktiven Austausch untereinander.

Sven Asmus, Leiter des Arbeitsbereiches Künste und des Theaters in den Sekundarstufen am Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung, gab einen Überblick in die Fort- und Weiterbildung des Faches. Alle zwei Jahre stehen für die Zusatzqualifikation „Lehramt Theater“ an Sekundarstufen 42 Platze zur Verfügung. Die Maßnahme umfasst ca. 250 Stunden. Aufgrund der Mangelsituation gibt es in der Regel mehr Bewerber:innen als Plätze. Die Auswahl erfolgt dann nach bestimmten Kriterien (s. https://li.hamburg.de/lehrgang-schultheater/).

Zurzeit bietet das LI wieder eine Qualifizierung „Theater Grundschule“ für Lehrkräfte an. Da das Fach in dieser Stufe mit vier Pflichtstunden für die Klassen 1 – 4 noch sehr jung ist und viele Kolleg:innen sich einarbeiten und Theater fachfremd unterrichten müssen, gibt es eine Qualifizierungsreihe über 60 Stunden. Durch die Teilnahme können interessierte Kolleg:innen die Grundlagen für ein erfolgreiches Unterrichten legen.

Sven Asmus wies zudem darauf hin, dass einige Schulen auch externe Theaterfachkräfte auf Honorarbasis beschäftigen, um die Mangelsituation halbwegs zu lindern. Für Referendar:innen werden zwei Wahlmodule pro Halbjahr im Umfang von jeweils 12 Stunden angeboten, die für die „kleine“ Qualifizierung (60 Zeitstunden) angerechnet werden.

Was also in Hamburg noch aussteht, ist ein grundständiger Lehramtsstudiengang Theater für alle Schulformen und Schulstufen. Das sollte auch der aktuelle Schwerpunkt des Runden Tisches sein. Über den Stand der Entwicklung gab Wolfgang Sting, Professor für Theaterpädagogik und Mitglied im Leitungsteam Performance Studies an der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Uni Hamburg, ausführlich Auskunft. Demnach stehen die Zeichen für die Etablierung eines solchen Studiengangs auf Grün. Er soll in Kooperation zwischen der Universität und der Theaterakademie eingerichtet werden. Wenn möglich, zum Wintersemester 2020.

Die Fraktionen der regierenden Koalition, SPD und Grüne, sind wohl endlich willens – die Forderung besteht seit gut 20 Jahren –, zum kommenden Jahr dafür finanziell, personell und räumlich (nächstes Jahr wird ein neuer Campus in Barmbek eröffnet, der alle theaterrelevanten Studiengänge unter einem Dach vereinen wird) die Weichen zu stellen. Bislang wird nur ein grundschulpädagogischer Lernbereich Darstellendes Spiel und ein Studienelement Spiel und Theater für alle Lehrämter, beide angesiedelt im Fachbereich Erziehungswissenschaft, angeboten. Wenn der Studiengang kommt, dann könnte man nicht nur gleichziehen mit den grundständigen Studiengängen in Niedersachsen und Berlin. Sondern sogar darüber hinaus, denn in diesen Bundesländern gelten die Studiengänge nur für die Lehrämter in den Sekundarstufen. Immerhin gibt es seit Längerem bereits ein Fachseminar Theater am Studienseminar, das Isabell Jannack leitet. Zum Ausbildungscurriculum s. https://li.hamburg.de/seminare/4091724/artikel-curricula/

Die Runde im Ernst Deutsch Theater diskutierte zum Ende lebhaft, wie denn ein Curriculum für einen Lehramtsstudiengang Theater inhaltlich aussehen sollte. Wolfgang Sting nahm viele Anregungen mit, sodass Ricarda Friedrich und Michael Müller sich bei allen Mitwirkenden mit Recht für den informativen, lohnenden Austausch bedanken konnten.

Foto: Fabian Hammerl