Hamburg Ballett John Neumeier und Goethe Schule Harburg (StS)

„Diese Ausdauer werde ich niemals haben!“ Bewunderung, fast Ehrfurcht lassen sich aus den Stimmen der Schüler:innen der Klasse 9zm heraushören, als sie die großen Holztüren zum Ballettsaal vorsichtig schließen, nachdem sie dort einige Minuten das Training der Abschlussklassen beobachten durften.

An einem Novembertag des letzten Jahres waren 20 Jugendliche mit ihrer Klassenlehrerin Jana Wandrow von der Goethe Schule Harburg voller Erwartungen zum Ballettzentrum von John Neumeier in Hamm-Nord gereist, um sich dort mittels eines Blickes hinter die Kulissen auf ihren Ballettbesuch an der Hamburger Staatsoper vorzubereiten. Im Treppenhaus des Ballettzentrums wurden sie herzlich von Indrani Delmaine, der organisatorischen Leiterin der Schule, begrüßt, als sie gerade zusammen mit Elisabeth Bell vom TUSCH Projekt Aufwärm- und Entspannungsübungen, wie sie auch von den Tänzer:innen ausgeübt werden, absolvierten.

Dass Balletttänzer:in nur werden könne, wer mit echter Liebe und Leidenschaft für das Tanzen an ihre Schule komme, war die erste Lektion, die Indrani Delmaine, selbst eine ehemalige Balletttänzerin, den Schüler:innen mit auf den Weg gab und sie dann auf einen Rundgang durch die altehrwürdigen Mauern der ehemaligen Oberrealschule einlud. Man spazierte gemeinsam durch den hauseigenen Fitnessraum der Schule, unterhielt sich über den streng durchgeplanten Schulalltag der angehenden Balletttänzer:innen, lauschte vor den ausgestellten farbenfrohen Aufführungsfotos den Erläuterungen von Indrani Delmaine zu den Abschlussprojekten der Absolvent:innen der Schule, die viel Kreativität erfordern und jedes Mal auf Neue die Persönlichkeiten der Tänzer:innen widerspiegeln.

Besonders interessant war auch der Blick in das Schuhlager der Schule, das Hunderte abricotfarbende Spitzenschuhe beherbergt. Spätestens hier konnte auch der schüchternste Zuhörer sich nicht mehr zurückhalten und formulierte alle Fragen rund um den besonderen Schuh, die ihm in den Kopf kamen. Diese besondere Schule im Vergleich zur eigenen erleben zu können, war für alle ein großer Gewinn.

Nicht zuletzt aufregend war die abschließende Möglichkeit, dem Unterricht der weiblichen und männlichen Abschlussklassen beizuwohnen. Begleitet von Pianistinnen am Klavier vollführten die Ballettschüler:innen hochkonzentriert die passenden Körperbewegungen zu den auf Französisch und Englisch formulierten Anweisungen der Ballettlehrer:innen. Beeindruckend war es, die Kraft und Energie zu spüren, die die Tänzer:innen schon beim Training mit ganzem Einsatz zum Ausdruck bringen.

So mit einer guten Portion Verständnis für die anspruchsvolle Art des Balletttanzes ausgestattet, kamen die Goethe-Schüler:innen dann im Dezember in die Hamburger Staatsoper, um die ungewohnte und daher anstrengende musikalische Kost von Brahms Liebesliederwalzer zu probieren. Während der furiose Konzertmeister einige Mädchen zum Taktieren animierte, andere wiederum einen besonderen Blick auf das Farbenspiel und die Beleuchtungstricks auf der Bühne entwickelten, war das Durchhaltevermögen der 14-Jährigen insgesamt doch stark gefordert. Viele der Jugendlichen betrachteten die Musik und den Tanz als Ausdrucksmöglichkeiten zur Erzählung einer Geschichte. Doch die will gelesen werden können, und dazu braucht man Erfahrung. Und so ist an diesem Dezemberabend nicht jede:r ein:e Ballettliebhaber:in geworden, aber alle sind mit neuen kulturellen Eindrücken nach Hause gefahren. Der Blick hinter die Kulissen eröffnet stets eine neue Welt, mit der man sich auseinandersetzen kann.