TUSCH-Workshop

Taucht man in die Geschichten der klassischen Theaterstücke oder in die Vielzahl moderner dramatischer Stoffe, kann man trotz ihrer Vielseitigkeit und Unterschiede ein Merkmal entdecken, das auf alle zutrifft: Es geht um Leben und Tod! Und da es im Theater auch immer um Illusionen geht, stellt sich die Frage: Wie kämpft man glaubhaft auf der Bühne – ohne sich oder andere zu verletzen?

Kampf entsteht aus einer Vielzahl dynamischer Bewegungen, die gegeneinander gerichtet sind, mit dem Ziel, den Gegner wegzustoßen, nieder zu ringen, abzuwehren, dagegen zu halten etc. Bühnenkampf sollte beeindrucken; der Anspruch der Echtheit im Kampfgeschehen ist hoch. Vor allem wenn man mit Schüler_innen arbeitet, ist es wichtig diesem Wunsch nach eindrucksvoller Echtheit gerecht zu werden und dafür eine Technik anbieten zu können, die den Einsatz von Pflaster und Streckverband verhindert.

Das TUSCH Team bot zum zweiten Mal einen Workshop zum Thema Bühnenkampf an. Nach Jan Lennart Krauter im vergangenen Jahr, der u.a. den Kampf mit dem Schwert vermittelte, konnte in diesem Frühjahr Dorothea Ratzel gewonnen werden, die als freischaffende Tänzerin und Choreographin in Hamburg lebt und arbeitet.

Dorothea Ratzel hat eine Methode entwickelt, die sie aus dem zeitgenössischen Tanz und TheaterTanz generierte, die durch die langjährige Erfahrung mit Schauspielern und Tänzern und Studierenden der Regie weiter entwickelt und intensiviert werden konnte. Sie arbeitet nah am Körper und an dynamischen Bewegungstechniken, die Fallen, Springen, Anfassen, Manipulieren, Anspringen, Rollen, Stoßen zu komplexen Bewegungsabläufen werden lassen – zu Kampfsequenzen. Dorothea Ratzel arbeitet seit vielen Jahren im Grenzbereich zwischen Theater und Tanz und hat in der letzte Woche 15 TUSCH Akteure vollauf begeistert. Einer von ihnen fasst es in Worte:

„Ins Gesicht gefasst, über den Boden geschleift, gedrückt und geschoben worden; provoziert worden, reagiert, weggegangen und das Ganze von außen betrachtet. Also (fast) wie im richtigen Leben. Und das Ganze vier Stunden lang, kurz vor Ostern, mitten in St.Georg. Und alle waren begeistert: Dorothea Ratzel hat mit uns gekämpft, wir haben miteinander gerungen, ich habe weniger gespielt und dafür umso mehr erfahren.

Wie wird aus einer Begegnung Kampf? Was geschieht, wenn Aggression zum Angriff führt? Welche Kräfte wirken wie und auf wen? Wer ist für wen verantwortlich, wenn Kräfte wirken? Auf diese Fragen haben wir Antworten gefunden und wortlos gegeben. Ohne gesprochene Worte, ohne Dialoge, nur mittels Körpersprache und Atem.

Die wenigen kurzen Pausen dienten zum Abschalten und Energietanken – und dann ging es ohne viele Worte weiter. Zur Reflexion nahmen wir uns nur am Ende kurz Zeit und das war auch genau richtig so. Wir haben sehr viel gelernt und für die meisten von uns war dieser Ansatz der Vermittlung und Erarbeitung von Bühnenkampf neu. Wir sind uns (selbst) überraschend näher gekommen. Eine Fortsetzung dieses Workshops wurde von allen Beteiligten befürwortet.

Ein großes und starkes Lob an Dorothea Ratzel und vielen Dank an Carsten Beleites und das TUSCH-Team für die Organisation.“ M. Chanell

Foto: Lilo Jene-Ackermann