Thalia Theater und Erich Kästner Schule

Lasst euch die Kindheit nicht austreiben! schrieb einst Erich Kästner mit Blick auf die schulische Bildung. Ganz in diesem Sinne erarbeitet der Theaterkurs des Jahrgangs 13 eine ganz eigene Version des Struwwelpeters. Die Schüler:innen haben sich dabei von der Thalia-Inszenierung „Shockheaded Peter“ und F.K. Waechters „Anti-Struwwelpeter“ von 1977 inspirieren lassen. Sie blicken auf ihre eigene Erziehung, auf ihre Eltern und ihre Lehrer:innen und entwickeln ihre eigene Moral, versehen sie mit einer Portion Ironie und blicken auf heutige Vorurteile und gesellschaftliche Diskrepanzen.

Was in der Erstausgabe aus dem Jahr 1845 von Heinrich Hoffmann, dem Schöpfer des Struwwelpeters, noch als „lustige Geschichten mit drolligen Bildern“ betitelt wurde, kann aus heutiger Sicht nur als ein brutales, autoritäres und patriarchales Erziehungsbilderbuch im Sinne einer Abschreckungspädagogik bezeichnet werden. Indem die jungen Erwachsenen sich aber mit ihrer eigenen Erziehung und ihren Vorstellungen von Kindheit beschäftigen, erschaffen sie ein ganz eigenes Universum: Da begegnen sich Paulinchen, der Zappel-Philipp, Hans-guck-in-die-Luft, Friedrich, der „arge Wüterich“, und Konrad, der Daumenlutscher, neu und anders.

Unterstützt werden sie dabei u.a. von der Kostüm- und Bühnenbildnerin Sophia Weise. Sie besuchte die Gruppe im Rahmen der TUSCH-Partnerschaft mehrere Male und kreierte mit den Schüler:innen fantasievolle und verrückte Kleidungsstücke in einem Kostüm-Workshop.  Zudem wurden im Theaterunterricht Wände gestaltet, Videos gedreht. Und natürlich prob(t)en alle fleißig. Bevor die Schüler:innen in ihre Lernpause für das Abitur gehen, soll das entstandene Kunstwerk am 14. März in der Erich Kästner Schule gezeigt werden.

Vermutlich würde sich der Psychiater Heinrich Hoffmann über die heutige, jugendliche Sicht auf Autismus, ADHS, Abenteuerlust und Rassismus verdutzt den Kopf reiben. Ein gutes Zeichen für die Beerdigung seiner schwarzen Pädagogik. Denn die Kindheit lassen sich diese jungen Leute jedenfalls nicht austreiben.

Foto:  Sophia Weise