Foto | Gunter Mieruch

Hamburg war im Oktober Tagungsort des Netzwerks TUSCH-Bundesweit. Drei Tage lang trafen sich die Programmleitungen aus Berlin, Hamburg, München, Frankfurt, Hessen, Rostock, Darmstadt und Sachsen-Anhalt zu einem Fachaustausch, den Celina Rahman als Gastgeberin zur Zufriedenheit aller hervorragend in ihrer Schule organisiert hatte.

Das jährliche Treffen stand dieses Mal unter dem Motto „Gemeinsam planen und sichtbar werden“. Vor elf Jahren – im Rahmen der Fachtagung „10 Jahre Berlin – TUSCH steckt an!“ – gab es eine erste Verabredung der verschiedenen TUSCH Modelle in der Bundesrepublik zu einem regelmäßigen Erfahrungsaustausch. 2011 in Erfurt wurde dann das Netzwerk mit verbindlichen Mitglieds- und Qualitätskriterien aus der Taufe gehoben und die gemeinsame Marke TUSCH kreiert. Seitdem wechselt der Tagungsort, desgleichen das Thema.

Das letzte Mal war Hamburg 2012 Gastgeber. Anlässlich des 10-jährigen TUSCH-Jubiläums unter dem Thema „Theater und Schule – ein Traumpaar?“ präsentierte das TUSCH-Team das frisch gebackene TUSCH-Netzwerk der Öffentlichkeit: „Gemeinsame Zielsetzung trotz unterschiedlicher Modellakzente in Städten und Regionen“. Diese bis heute existierende Unterschiedlichkeit – je nach örtlichen Gegebenheiten – ist ein wesentliches Merkmal von TUSCH-Bundesweit. Unter diesem Dach organisieren sich ganz unterschiedliche Programme, sie strukturieren sich und agieren autonom. Dennoch verpflichten sie sich zu gemeinsamen Grundsätzen.

So ging es in Hamburg schwerpunktmäßig darum, die Qualitätskriterien für die bundesweite Mitgliedschaft kritisch zu überprüfen, neu zu formulieren und dabei die eigene Handschrift zu schärfen. Unter der Moderation der kompetenten Hamburger Kulturagentin Eva Maria Stüting ist das Ziel eines gemeinsamen Kriterienkatalogs in einer sehr konzentrierten und konstruktiven Arbeitsatmosphäre erreicht worden. Für den Außenstehenden ist relevant, welches Grundverständnis die jeweiligen TUSCH Modelle/Programme gemeinsam auszeichnet:

TUSCH ermöglicht Schüler*innen vielfältige Begegnungen mit Theater als Kunstform, Erfahrungsraum und Institution: Theater sehen – Theater spielen – über Theater sprechen – Theater als Arbeitsplatz kennenlernen. TUSCH versteht unter Theater die Gesamtheit aller Darstellenden Künste. Die Beteiligten gewinnen hier Einblick in künstlerische, technische und organisatorische Bereiche, setzen sich mit traditioneller und zeitgenössischer Theaterkunst auseinander und entwickeln im unmittelbaren Erleben und Erproben des eigenen Spiels kreative, soziale, kognitive und ästhetische Fähigkeiten weiter.

  • TUSCH fördert die aktive Teilhabe der Schüler*innen am kulturellen und gesellschaftlichen Leben.
  • TUSCH verankert Theater als selbstverständlichen Bestandteil im Schulalltag.  
  • TUSCH lädt Pädagog*innen ein, Schul-, Lern- und Unterrichtskultur in einer großen Bandbreite mit den Mitteln des Theaters (neu) zu gestalten.  
  • TUSCH ermöglicht Theatern und ihren Künstler*innen qualitative und nachhaltige Begegnungen mit jungen Menschen und ihren Interessen, Erfahrungen und Lebenswelten, aus denen neue ästhetische Impulse für die Theaterarbeit erwachsen können.

Ein weiteres Kriterium hält fest, dass die Leitung bzw. das Leitungsteam eines TUSCH-Programms nicht die Interessen eines bestimmten Theaters oder einer bestimmten Schule vertreten darf. Dadurch kann TUSCH als unabhängiger Vermittler neuer Kooperationen, Berater bei der partnerschaftlichen Zusammenarbeit und Impulsgeber für eine nachhaltige Kooperation agieren. Und weiter: TUSCH initiiert zur Qualitätssicherung einen partnerschaftsinternen und partnerschaftsübergreifenden Austausch der Theater- und Schulkooperationen und reflektiert gemeinsam mit ihnen u. a. Höhepunkte und Stolpersteine der Zusammenarbeit.

Die Tagung nahm darüber hinaus einen zweiten Aspekt in den Fokus, der sich mit TUSCH Visionen und Zukunftsplanung beschäftigte: Was würde man gern für ein TUSCH Modellprojekt realisieren, wenn man endlos Zeit, Raum, Geld und Personal zur Verfügung hätte. Interessanterweise waren alle Lösungsideen interdisziplinär angelegt, griffen aktuelle Problemlagen auf (Ost-West, WIE wollen wir zukünftig leben und wohnen?) und wollten neue Erfahrungsräume erschließen. Das methodische Verfahren diente zu Überlegungen, welche Projekte bundesweit mit welchen Mitteln und Ressourcen wo mit wem und wie nicht nur wünschenswert sondern auch gleichzeitig umsetzbar sein könnten. Zu beachten waren hier übrigens auch Pflegetipps: Wie pflanze ich mein Modell-Projekt optimal ein? Welche Einflüsse sind gut, welche schlecht? Als fünf Kriterien für den optimalen Wuchs der Projektpflanze gelten: Anfälligkeiten, Bodenbeschaffenheit, Pflegehinweis, Pflanz- und Keimzeit, Umwelteinflüsse. Die vorgestellten Gelingensbedingungen der TUSCH Modelle können in ihrer Nachhaltigkeit auch übertragen werden auf die jeweiligen Einzelprojekte der TUSCH Partnerschaften.

Zum Ende der Tagung blieben folgende Fragen offen:

  • Welche Adressaten bei den TUSCH Präsentationen sollen erreichen werden?
  • Welche Erwartungshaltungen vom Theater und von Schule an TUSCH und umgekehrt bestehen?
  • Welche ästhetischen Qualitätskriterien sind an die Einzelprojekte anzulegen?
  • Soll man städte- bzw. länderübergreifende Projekte initiieren und ein bundesweites Festival z. B. mit gemeinsamen Workshops ausrichten (hier könnte z.B. Hamburg als Ort erneut in Frage kommen, weil 2022 das 2o-jährige TUSCH Jubiläum ansteht)?,
  • Welchen Gewinn könnten die beteiligten Schüler:innen daraus ziehen?
  • Wie kann man die Öffentlichkeitsarbeit (neue Website, Postkarten …) wirksamer gestalten, sodass TUSCH bundesweit insgesamt sichtbarer wird?
  • Welche geeigneten Evaluationsverfahren kommen in Frage?
  • Wie geht man mit ehemaligen Partnerschulen um, die sich erneut bewerben?

Mit den Antworten werden sich die kommenden Jahrestagungen sicherlich intensiv beschäftigen und wertvolle Anregungen für die einzelnen Programme liefern, sodass keine Sorge bestehen muss, dass TUSCH bundesweit der Gesprächsstoff ausgeht.

ZU DEN PERSONEN AUF DEM BILD: (von links nach rechts, vordere Reihe: Celina Rahman (Hamburg), Lena Blessing (Berlin), Raphaela von Bommel (München), Erik Raab (Rostock) / hintere Reihe: Gundula van den Berg (Frankfurt/M), Christiane Böhm (Sachsen-Anhalt), Ilona Sauer (Hessen), Eva Maria Stüting (Moderation), Björn Lehn (Darmstadt)