SchauSpielHaus und Charlotte-Paulsen-Gymnasium und Nail Doğan

Gestern haben Maja Strahlendorf und unzählige Mitwirkende das Charlotte-Paulsen-Gymnasium in die DiverCity verwandelt, heute verschwindet sie nicht im Premierenloch, sondern erzählt mit Begeisterung.

Ein Gesprächsausschnitt.

 

In der DiverCity, beim quirligen Oberstufenfestival, habt ihr die Grenzen zwischen Akteur*innen und Publikum nahezu aufgehoben. Die Schüler*innen spielten, präsentierten und performten an vier Orten und besuchten mit den anderen Zuschauer*innen Poetry Slams, Stücke und Stückentwicklungen, Modedesign- und andere Ausstellungen, eine interaktive Musikinstallation und Konzerte, immersive Performances und Versammlungen.

Was bewegt dich und deine Mitstreiter*innen zu diesem Kraftakt?

In den künstlerischen Fächern sitzen Menschen, die eine Leidenschaft mitbringen. Das eigene Erleben: Was künstlerisches Schaffen bewirken kann, wie es auf einen selbst wirken kann – das ist der Antrieb. Diesen Funken mit den Schüler*innen teilen zu wollen – das ist der Antrieb. Diese Erfahrung bringt zusammen, schon in der Vorbereitung. Über diese Leidenschaft kommen wir in den Austausch, so entsteht das Besondere: Wir machen das!

 

Welche Rolle spielt TUSCH?

Dank TUSCH hat Kultur, Theater einen anderen Stellenwert an Schule. Wenn ich etwas mit dem TUSCH Titel plane, ist es eine Selbstverständlichkeit, dass es stattfinden kann, dann rechne ich mit viel weniger Widerstand als wenn ich einfach als Lehrerin, als Kulturbeauftragte mit einer Idee komme – ohne TUSCH Gütesiegel. Es funktioniert wirklich!

Alle Fachbereiche stimmen sofort zu: Wir haben uns entschieden, wir wollen TUSCH-Schule sein, also tragen wir das mit.

Das finde ich genial, dass die mehrheitliche Zustimmung im Kollegium zur Bedingung gemacht wird für die TUSCH Partner*innenschaft. So bekommt TUSCH sofort Aufmerksamkeit und alle wissen Bescheid, was da kommt.

 

Drei Jahre war das Charlotte-Paulsen-Gymnasium erst TUSCH Schule, nun, im Anschluss nimmt die Schule am TUSCH Labor teil. Neben zwei weiteren Schulen, eine aktuelle TUSCH Partnerin und eine Schule, die über dieses neue Programm erstmalig TUSCH in Berührung kam. Was ist das Besondere am TUSCH Labor?

Die thematische Ausrichtung und damit verbunden der stärkere inhaltliche Auftrag.

Das TUSCH Labor ist geknüpft an das Thema Diversität: Das kann man ja eigentlich nur künstlerisch angehen!

Unser Schulentwicklungsthema ist „Vielfalt“ – es passt also gut.

Manchmal ist es schwierig auszuhalten, wo wir gesellschaftlich stehen, auch als Schulgemeinschaft, als Kollegium mit unseren Lerngruppen. Wie können wir vorankommen?

Es verändert sich sprachlich ja etwas, es gibt viel mehr Bewusstsein, auch in der Schule – sogar die Behörde hat mittlerweile reagiert, wenn auch noch in binären Strukturen verhaftet: „Schülerinnen und Schüler“ lautet die behördliche Empfehlung, nicht „Schüler*innen“. Einzelne machen es hartnäckig trotzdem, aber es gibt auch Augenrollen.

Vielleicht gibt es in jedem gesellschaftlichen Wandel diesen Frustrationspunkt, an dem eine Bewegung in die Breite geht. Die Unterhaltungen werden dann weniger wissenschaftlich geführt, sondern gehen von persönlichen Erfahrungen aus und wirken erst einmal oberflächlicher und emotionaler. Diese Momente auszuhalten, finde ich persönlich schwierig, weil für mich das Thema eben auch sehr emotional ist.

Als TUSCH Labor Schule haben wir einen Paten: Nail Doğan. Nail hat unsere Schüler*innen ganz großartig erreicht mit Lyrik. Es ist verrückt, wie er in der Aula mit 120 Menschen eine solche Intimität schafft und mit den Jugendlichen auf Augenhöhe kommuniziert. Was die Kommunikation und Hierarchien in Schule betrifft, können wir uns eine Scheibe davon abschneiden.

 

Das TUSCH Labor endet nach einem Jahr. Wie nachhaltig ist TUSCH?

Das TUSCH Nachhaltigkeitsziel ist bei uns in der Schule voll erreicht: Theater ist sichtbar!

TUSCH bietet viele Workshops an, darüber denke ich nach. Wie lassen sich diese Impulse noch stärker bündeln oder intensivieren? Bei uns gab es die Hoffnung, dass in der Unter- und Mittelstufe mehr Selbstbewusstsein in den Theaterkursen entsteht und die Schüler*innen und Kolleg*innen mehr Lust haben zu präsentieren. Das ist noch nicht so geglückt, wie erhofft, auch wenn die Workshops eine tolle Bereicherung waren.

Wie kann es funktionieren, wenn Künstler*innen reinkommen, wieder rausgehen und die Theaterlehrkräfte dann mit den Inhalten des Workshops weiterarbeiten? Wie begleiten sie, die ganz andere Ansätze haben, die Schüler*innen weiter? Das ist schon eine Herausforderung.

Es bleibt immer ein Suchen und Neuprobieren!

Der Austausch mit Marie Petzold und Michael Müller, den Theaterpädagog*innen vom SchauSpielHaus [Anm. A.S.], und mit Nail Doğan ist für mich als Kulturbeauftragte und als Mensch und für uns als Schule eine totale Bereicherung:

Mit Menschen, die nicht in Schule sind, darüber nachzudenken, was in Schule möglich ist. Es ist eine richtige Unterstützung: Gemeinsam können wir alles machen, das schaffen wir.

Ich wünsche mir einen Raum in der Schule, wo Marie und Michael sitzen und ihren Job machen. Oder andere externe Kulturexpert*innen mit einer Vollzeitstelle. Und ich dürfte dann als Lehrerin bei denen vorbeikommen und mitüberlegen, wie die Ideen in Schule umsetzbar sind, wie ich das Kollegium mitnehmen könnte.

Wenn kulturelle Bildung wirklich wichtig ist, müsste Hamburg das so machen!